Digitalisierung im Fokus
Schnittstellen bergen Risiken
Auch die Abfallwirtschaft sieht sich mit den Herausforderungen des digitalen Wandels konfrontiert. Unter dem Schlagwort Kreislaufwirtschaft 4.0 verfolgt sie digitale Strategien, die die Kommunikation mit Kunden erleichtern, Prozesse vereinfachen und Abläufe effizienter machen. aha ist dem gegenüber nicht nur aufgeschlossen, sondern gestaltet die Transformation – mit Augenmaß – aktiv mit.
„Digitalisierung ist ein Modewort. Doch weil sie jetzt in aller Munde ist, heißt das nicht, dass sie ein neues Phänomen ist. Wir beschäftigen uns schon jahrelang damit und haben bereits eine Menge erreicht“, sagt Maik Renneberg, stellvertretender Geschäftsführer von aha. So liefe die Gebührenabrechnung längst digital. „Wir haben dafür Schnittstellen zum Energieversorger enercity“, erklärt Jürgen Wutke, Sachgebietsleiter EDV und Informations- und Kommunikationstechnik bei aha. „Die Übertragung in das SAP-System funktioniert reibungslos.“
Für einen zusätzlichen Digitalisierungsschub bei aha sorgte vor drei Jahren die Pandemie. „Wir haben unseren kompletten IT-Bereich innerhalb kurzer Zeit umgestellt. Wir benötigten neue Server und größere Bandbreiten, um für alle Mitarbeitende in der Verwaltung Videokonferenzen möglich zu machen“, berichtet Wutke. „Das hat uns in Sachen mobiles Arbeiten weit nach vorne gebracht“, ergänzt Renneberg. „Dienstfahrten nach Bergisch Gladbach zur Bundesanstalt für Straßenverkehrswesen beispielsweise, die hin und zurück sieben Stunden dauern, schenken wir uns jetzt, weil wir das digital erledigen können. Eine enorme Zeitersparnis.“
Das modernste Raumschiff ist ohne Erdung wertlos
Nun geht es vor allem um eine bessere Vernetzung innerhalb und außerhalb des Betriebs. „Wir prüfen, welche Programme miteinander verknüpft werden können, um Prozesse noch besser aufeinander abzustimmen“, erläutert Renneberg. „Eine wichtige Frage ist dabei: Sind die Programme weiterentwicklungsfähig? Oder ist absehbar, dass sie früher oder später in eine Sackgasse münden? Dann gilt es, sie rechtzeitig auszutauschen, damit es keine Engpässe gibt.“ Beispiel: Behälterverwaltung. Sie funktioniert seit den 90er-Jahren sehr gut und hilft bei der Tourenplanung. Wenn künftig allerdings die gesamte Prozesskette digitalisiert wird, ist zu überlegen, ob die Behälterverwaltung entsprechend weiterentwickelt werden kann oder neu aufgesetzt werden muss. „Wir haben ganz viele Schnittstellen, auch zu kleinen Programmen, die dann immer mitbetroffen sind“, so Wutke. „Und erfahrene ITler wissen: Sobald ich irgendwo eine Schnittstelle umprogrammiere, läuft irgendwo anders etwas nicht mehr so rund. Deshalb ist bei jeder Umstellung auch immer zu prüfen, ob sie verhältnismäßig und zum jetzigen Zeitpunkt wirklich geboten ist.“ Hinzu kommt: Laufend kommen neue Programme, neue Soft- und Hardwarelösungen auf den Markt. „Doch es bringt nichts, das tollste, modernste Raumschiff zu haben, wenn dann keiner mehr mit uns kommunizieren kann, weil die Systeme nicht miteinander kompatibel sind“, betont Wutke. Auch müssten die neuen Komponenten zum Sicherheitskonzept von aha passen.
Der menschliche Intellekt ist unschlagbar
Das Credo lautet deshalb: „Lieber kleine Schritte als alles auf einmal!“ Sich zu fokussieren ist sinnvoller, als in allen Abteilungen einfach drauflos zu digitalisieren. Diese Praxis wird gerade mit dem Kunden- und Serviceportal umgesetzt. Renneberg: „Kunden und Kundinnen werden veranlagungsrelevante Daten selbst abrufen, eingeben und ändern können – wann sie wollen, ganz ohne Warteschleife. Das ist in Teilbereichen bereits möglich.“ Auch Änderungswünsche zur Behältergröße sind künftig hier mitzuteilen. „Das sind die ersten Angebote, und wir werden das jetzt Schritt für Schritt ausbauen“, so Renneberg.
Von Zukunftsszenarien à la Science-Fiction mit Müllwerker-Robotern und selbstfahrenden Kehrwagen hält er jedoch wenig. „Routinen werden Roboter möglicherweise abarbeiten können. Sobald es aber eine Abweichung von der Norm gibt, und das ist bei uns eher die Regel als die Ausnahme, wird ein Roboter trotz KI schnell an seine Grenzen kommen“, sagt er. „Der menschliche Intellekt ist einfach unschlagbar und kann sich spontan auf ganz neue Situationen einstellen und dann richtige Entscheidungen treffen, die auf Wissen und Erfahrung gründen.“
„Digitalisierung ist für uns eine spannende Herausforderung und wird uns noch lange begleiten“, fasst Wutke zusammen. „Wir von aha sind auf einem guten Weg, und ich glaube, für ein kommunales Abfallwirtschaftsunternehmen sind wir schon sehr weit fortgeschritten.“ Renneberg sieht das genauso und räumt ein: „Es gibt genügend Gründe, sich auf allen Ebenen mit Digitalisierungsprojekten auseinanderzusetzen. Dabei geht es allerdings nicht darum, Riesensprünge zu machen und die Hälfte der Belegschaft unterwegs zu verlieren, sondern systematisch Kompetenz aufzubauen und alle dabei mitzunehmen.“